Auch Johann Martin Miller nutzt für seinen „Ritter Richard“ die Grundform der Strophe. Der Anfang des Textes:
Der Ritter Richard sah einmal
Das Fräulein Adelgund,
Und herzlich tat er seine Qual
Ihr unter Tränen kund;
Und wurde bald erhört. Es sprach
Die Lieb‘ aus ihrem Blick,
Sie sahen sich an jedem Tag,
Und täglich wuchs ihr Glück.
Knapp auf den Punkt gebracht; und das können solche Strophen wirklich gut! Allerdings sind die Verse sehr kurz, und vor allem Dreiheber haben oft die Schwierigkeit, in ihrem schmalen Raum eine Handlung so darzustellen, dass Spannung und Dramatik fühlbar werden. „Ritter Richard“ beispielsweise ist später im Text fort, und „Fräulein Adelgund“ schwenkt in dieser Zeit auf „Ritter Robert“ um, den sie sogar zu ehelichen gedenkt; was „Ritter Richard“ nicht gut aufnimmt:
Ein frischgeflochtner Blumenkranz
Umschlang ihr blondes Haar,
Und alles ging, in Prunk und Glanz,
Mit ihnen zum Altar.
Des Priesters Stimme schallte schon,
Sie sprachen beid‘ ihr Ja.
Gott segn‘ euch! – Fluch euch! hallt‘ ein Ton,
Und flugs war Richard da;
Und stieß das Schwert mit einem Stoß
Ins Herz dem Bräutigam,
Dass quellend sich sein Blut ergoß
Und schwarz am Altar schwamm;
Und mit der andern Hand ergriff
Er ungestüm das Weib,
Und stieß das Schwert, noch rauchend, tief
Ihr in den falschen Leib.
Mir scheint, es fehlt in den letzten beiden der angeführten Strophen ein wenig der Nachdruck, die Überzeugungskraft, die dem (blutigen) Geschehen angemessen wäre? Vielleicht lohnte es sich, bei verschiedenen Verfassern nachzuschauen, wie sie solche Tötungen schildern – um mit Hilfe welcher Verse!
Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt,
Draus statt der goldnen Lieder ein Blutstrahl hoch aufspringt.
Das ist aus Ludwig Uhlands „Des Sängers Fluch“ und das erste, was mir in den Sinn kam … Weil es nachdrücklicher ist? Und das durch die Langverse möglich wird?!